Räuchle
Weihnachten ist ein Fest, das alle Sinne anspricht. Neben dem Augen- und Gaumenschmaus, die der reich geschmückte Christbaum mit dem «Chreppeli», der Chlausezüüg sowie die für Innerrhoden typischen Weihnachtsköstlichkeiten bereiten, kommt dank dem urtümlichen Räuchle auch der Geruchssinn nicht zu kurz. Echte Weihnachtsstimmung kommt hierzulande erst auf, wenn blaue Weihrauchwölklein durchs ganze Haus ziehen und überall einen herrlichen Duft verbreiten.
Für viele Innerrhoderinnen und Innerrhoder ist erst Weihnachten, wenn die bläulichen Schwaden des Weihrauchs in der Nase kitzeln. An Heiligabend, am Altjahrabend (Silvester) und am Vorabend zum Fest der Heiligen Drei Könige wird an vielen Orten ein altes Schutzritual für Mensch, Tier, Heim und Stall ausgeübt. In einer «Räuchlipfanne» oder in einem «Rauchfass» werden auf glühender Holzkohle Weihrauchkörner und ein seit Palmsonntag aufbewahrter gesegneter Zweig abgebrannt. Damit geht man durch alle Räume des Hauses, durch den Stall und auch um Haus und Gaden herum. Die dicken, duftenden Wölkchen – und damit der Segen – ziehen beim Umgang mit der qualmenden Pfanne in alle Winkel des Hauses und des Stalls.
Im Dorf Appenzell gehen an Heiligabend – auf Bestellung – Ministranten mit Rauchfass und «Schiffli» (Weihrauch-Behälter in Schiff-Form) durch Wohnungen und Häuser. Auf dem Land «räuchled» meist der Hausherr; mancherorts beten derweil die Familienangehörigen in der Stube. Als passendes Gebet wurde früher der kleine Psalter gegen «Öbel ond Oofall» (Übel und Unfall) gesprochen.
Ort
Appenzell Innerrhoden
Zeit
Heiligabend, Altjahrabend, Dreikönigsabend