Chlausezüüg

Der «Chlausezüüg» ist ein typisch weihnächtlicher Gegenstand aus Appenzell Innerrhoden. Er war der Vorfahre des heutigen Christbaumes in der Gegend von Appenzell; entstanden aus dem allgemeinen Brauch, die Kinder an Weihnachten zu beschenken.

Die Weihnachtszeit in Appenzell Innerrhoden ist ein Fest für alle Sinne. Sie beginnt eigentlich schon an Allerheiligen, am 1. November: Dann werden die neuen «Chlausebickli» in die Schaufenster der Konditoreien gestellt. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts stellen die Innerrhoder Konditoren die ungefüllten Honiglebkuchen von Hand her. Viele der handbemalten Zuckerbilder darauf haben Kunstmaler entworfen. «Bickli» kommt von «bicke» im Sinne von «ausstechen, ins Auge stechen». Das Wort «Bickli» wurde früher allgemein für etwas Hübsches, Wertvolles verwendet.

Die Bäcker flechten im Advent überlieferte Formen von Zopfgebäck. Dazu zählen «Tafle Vögl/Zöpf», «Filering» und «Filebrood».

Das Prachtstück jeder weihnachtlichen Stube ist der «Chlausezüüg». Noch bis vor wenigen Jahrzehnten traf man ihn genauso oft an wie den Christbaum. Damals bestand der «Züüg» aus den symbolträchtigen, runden Filebroten, die kegelförmig auf einem mit Nüssen und gedörrten Birnen gefüllten Milchnapf aufgeschichtet wurden. Heute wird eine fünfeckige Holzpyramide mit «Chlausebickli» und «Dewiisli» bestückt. Das sind kleine Schmuckbildchen, ähnlich den Anis-Springerle aus Zuckerteig. Dazwischen steckt man rotbackige Äpfel. Das Gestell versteckt man hinter Flitterfransen. Auf die Spitze – früher von Biberfladen gebildet – kommt ein künstliches Tannenbäumchen zu stehen.

Die «Chlausebickli» wurden früher den Kindern ab November von Patinnen und Paten oder den Grosseltern geschenkt. Sie stellten sie zwischen die doppelten Fensterscheiben, dort waren sie hübsch anzusehen und blieben weich. Je nach Familientradition wurde ab Weihnachten oder Neujahr die imposante Lebensmittelpyramide Stück für Stück verspeist – am liebsten mit viel «Schmaalz» (Butter) und «Steendlihung», einem speziellen Kunsthonig. Heute werden «Chlausebickli» und «Dewiisli» nicht mehr aufgegessen, sondern wie Kunstwerke aufewahrt und über Jahre wiederverwendet.

Nachdem sie fast verschwunden sind, erfreuen sich «Bechüe» neuerdings wieder grosser Beliebtheit. Vom abgeräumten Christbaum wird im Januar der Stamm zwischen Astgabeln in Stücke gesägt. Zwei Abzweigungen sind die Vorderbeine. Mancher Bastler hängt der «Bechue» ein Glöckchen um und klebt ihr Lederohren an. Aber sie ist auch ohne derlei Zutaten ein herrlich archaisches Spielzeug.

Ort

Appenzell Innerrhoden

Zeit

Allerheiligen (1. November) bis Maria Lichtmess (2. Februar)